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Bewerbung

Rechtsmissbräuchliches Verhalten

Keine Entschädigung nach AGG

Ein Mann, der sich gezielt auf bundesweit ausgeschriebene Stellen für „Sekretärinnen“ bewirbt, ohne die ernsthafte Absicht, die ausgeschriebenen Tätigkeiten tatsächlich aufzunehmen, sondern allein mit dem Ziel, durch Entschädigungsansprüche einen „auskömmlichen Gewinn“ zu erzielen, handelt rechtsmissbräuchlich. Ein solches Verhalten begründe keinen Anspruch auf Entschädigung wegen einer geschlechtsbezogenen Diskriminierung, entschied das BAG in seinen am 16.12.2024 veröffentlichen Entscheidungsgründen (Urteil vom 19.09.2024 - 8 AZR 21/24).

*soweit in diesem Beitrag nur die männliche Form genannt wird, ist die weibliche / diverse Form zugleich miterfasst.

BAG, Urteil v. 19.09.2024 - 8 AZR 21/24

Sachverhalt

Der Kläger bewarb sich wiederholt bundesweit auf Stellenangebote, die ausdrücklich an „Sekretärinnen“ gerichtet waren und reichte Bewerbungen ein. Anschließend leitete er aufgrund der Ablehnung im Bewerbungsverfahren stets Entschädigungsverfahren ein, in denen er eine Benachteiligung aufgrund seines Geschlechts geltend machte. Allein vor dem Arbeitsgericht Berlin führte der Kläger innerhalb eines Zeitraums von 15 Monaten elf Verfahren wegen angeblicher geschlechtsbezogener Diskriminierung. Im vorliegenden Fall machte der Kläger einen Entschädigungsanspruch in Höhe von mind. 6.000,00 EUR geltend.

Entscheidungsgründe

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) schließt sich der Begründung des Landesarbeitsgerichts (LAG) an. Dem Entschädigungsverlangen des Klägers steht der durchgreifende Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen. Die Klage ist unbegründet, der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG.

Das LAG hat aus Sicht des 8. Senats des BAG überzeugend dargelegt, dass der Kläger nach Würdigung aller Umstände des vorliegenden Falls systematisch und zielgerichtet vorging, um sich durch Entschädigungsansprüche einen finanziellen Vorteil zu verschaffen, ohne dabei ein ernsthaftes Interesse an der Aufnahme der von der Beklagten ausgeschriebenen Tätigkeit gehabt zu haben. Das LAG führt eine Vielzahl von Indizien an, die diese Einschätzung stützen: Der Kläger absolviert ein Vollzeitstudium, das er nicht aufgeben möchte; es fehlt der Wille, an den 170 km entfernten Arbeitsort umzuziehen; zudem fehlt Vortrag dazu, wie sich der Kläger das Pendeln vorgestellt habe. Angesichts der Vielzahl von Bewerbungen auf Stellen für „Sekretärinnen“ in ganz Deutschland und den nachfolgenden Entschädigungsprozessen bestehen zudem erhebliche Zweifel an der Ernsthaftigkeit seiner Bewerbung. Vielmehr handelt es sich um ein systematisches und zielgerichtetes Vorgehen im Sinne eines „Geschäftsmodells“, bei dem es dem Kläger primär darum gegangen sei, durch Entschädigungszahlungen Einnahmen zu erzielen.

 

Gemäß § 242 BGB sind Rechte oder Rechtsstellungen, die durch unredliches Verhalten begründet oder erworben wurden, grundsätzlich nicht schutzwürdig. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts hält im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

Fazit & Praxistipp

Mit seiner Entscheidung stärkt das BAG die Position von Unternehmen, sich wirksam gegen Klagen sogenannter „AGG-Hopper“ zu verteidigen, deren Ziel allein der Erhalt einer Entschädigung ist. Dennoch ist Arbeitgebern dringend zu empfehlen, Stellenanzeigen stets geschlechtsneutral zu formulieren und diese in ihrer gesamten Ausdrucksweise gleichermaßen an Diverse, Frauen und Männer zu richten. Eine solche Vorgehensweise hilft, Entschädigungsklagen bereits im Ansatz zu vermeiden.

Verfasserin dieses Beitrags: Janina Aue, Rechtsanwältin & Mediatorin

Kontaktieren Sie mich gern, damit wir besprechen können, wie wir zusammenarbeiten können.

Foto von Frau Rechtsanwältin Aue
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